Blogbeitrag




Kulturelle Präferenzen

Welche Unternehmenskultur sich Mitarbeitende wirklich, wirklich wünschen

Timm Richter, 29. Januar 2020

Im Rahmen der Entwicklung des kununu Kulturkompasses, der die Kultur von Unternehmen beschreibt, wurden auch Nutzer gefragt, welche Unternehmenskultur sie sich wünschen. In diesem Artikel stelle ich die 10 meistgewünschten Wertbegriffe vor, die von den 263 Befragten genannt wurden.

Den Teilnehmern wurden in 4 Runden insgesamt 80 Wertbegriffe gezeigt, aus denen sie insgesamt die 20 Wertbegriffe ausgewählt haben, die ihnen am wichtigsten sind. In der Grafik seht ihr die Prozentzahl an Teilnehmern für die Top 10 meistgenannten Wertbegriffe. Für mich ergeben sich drei wichtige Erkenntnisse.

Gemeinschaft ist das Wichtigste

Wenn im öffentlichen Diskurs über Arbeit Unabhängigkeit, Freiheit und Selbstverwirklichung in den Vordergrund gerückt werden, dann zeigt dies eine stark individualistisch ausgerichtete Denkweise in unserer Gesellschaft. Doch wenn es um die Kultur in Unternehmen geht, sehnen sich Mitarbeitende vor allem nach Gemeinschaft.

Sich gegenseitig helfen und Kollegial verhalten landen auf Platz 1 und 3 unserer Hitliste. Und mit 63% bzw. 60% der Teilnehmer teilen fast zwei Drittel die Meinung, dass es vor allem auf eine gute Zusammenarbeit ankommt. Das ist eine deutliche Aussage. Darüber hinaus wünschen sich die Befragten, dass die Gruppe aller Mitarbeitenden zufrieden ist und der langfristige Erfolg im Fokus steht. Auch diese beiden Nennungen aus den Top 5 deuten darauf hin, dass man die Sicherheit und Harmonie in seinem sozialen Umfeld sehr schätzt.

Die Befragten haben offenbar ein gutes Gespür dafür, was eine wesentliche Voraussetzung für solch eine gute Zusammenarbeit ist: nämlich dass man seine Meinung sagen kann und andere Meinungen respektiert werden. Gemeinschaft heißt eben auch, dass man Andersartigkeit nicht ausschließt, sondern im Gegenteil einbindet und zum Wohle aller nutzt. Dies erscheint mir eine ganz wichtige Aufgabe von Unternehmensführung, dieses Aushalten von Unterschieden zu fördern.

Individuelle Zufriedenheit bei der Arbeit wird durch andere kontrolliert, nicht durch uns selbst

Nun könnte man einwenden, dass die Befragten einen Bias der sozialen Erwünschtheit haben und in Wirklichkeit viel individualistischer sind. Da mag etwas dran sein. Auf zufriedene Mitarbeiter zu achten oder Spaß und Freude zu haben, genannte Wertbegriffe aus den Top 10, bedeuten ja auch, dass man persönlich davon profitiert. Und unter den Top 10 finden sich weitere Nennungen, die viel stärker für eine individualistische Orientierung sprechen. Die Teilnehmer möchten Vertrauen spüren und Wertschätzung erfahren (übrigens mehr für ihren Einsatz als für ihre Leistung).

Spannend finde ich, dass diese vermeintlich individualistischen Wünsche an die Unternehmenskultur einen sozialen Charakter haben: Wertschätzung und Vertrauen bekomme ich ja von anderen! Es reicht den Teilnehmern offensichtlich nicht, „nur“ gut und professionell zu arbeiten oder selbst die Zufriedenheit zu spüren, wenn man Herausforderungen meistert - auch das waren mögliche Wertbegriffe der Befragung, die aber eben nicht so häufig gewählt wurden. Es ist den Teilnehmern der Befragung wichtig, dass die anderen die eigenen Beiträge sehen und würdigen.

Diese Erkenntnis, dass unser Wohlbefinden auf die Anerkennung durch andere angewiesen ist, kann unsere Energien dahin lenken, uns stärker für die Gemeinschaft einzusetzen. Und die Unternehmensführung kann die Zufriedenheit von Mitarbeitern dadurch steigern, dass sie strukturell die Sichtbarkeit von Beiträgen zum Unternehmenswohl erhöht.

Unternehmen tuen gut daran, die vermeintlichen Selbstverständlichkeiten einer guten Kultur zu fördern

Kollegialität, Wertschätzung, Vertrauen, Zufriedenheit, langfristiger Erfolg - schon 1000x gehört und damit Gemeinplatz? Ja und nein.

Klar sind das die Themen, die man immer nennt, wenn es um eine gute Unternehmenskultur geht. Aber offensichtlich sind sie dann nicht so selbstverständlich, als dass man sie nicht mehr erwähnen müsste. Und die Themen in Bezug auf Mitarbeiterzufriedenheit, die heute sehr stark betont werden, nämlich Mastery, Purpose und Autonomy, haben es nicht auf die Top 10 Liste geschafft.

Für mich ist die Botschaft an Unternehmensleitungen recht klar: kümmert euch zuerst um die Grundlagen einer guten Unternehmenskultur, damit ist schon sehr viel gewonnen.

Und für aller Mitarbeitenden, die (noch) auf die Unternehmensleitung schimpfen, weil Wertschätzung und gegenseitige Unterstützung zu kurz kommen, gibt es auch eine Erkenntnis: wir alle können uns im Alltag so verhalten, dass die meistgewünschten Wertbegriffe einer Unternehmenskultur spürbar werden - egal in welchem Umfeld wir arbeiten. Denn eine Unternehmenskultur erschaffen wir immer gemeinsam.

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